Raus aus dem Abseits
Frauen, Fussball, Kultur – und neue Perspektiven. Zur Frauen-EM bringt Her Game Culture ein Kulturprogramm auf den Platz, das Genderfragen frisch und mutig denkt.
Sogenannte Spielerfrauen? Kennen wir wahrscheinlich alle ein paar. Aber wie steht es um Frauen, die selbst Fussball spielen?
Fällt der Name Lehmann, denken viele auch 14 Jahre nach dessen Karriereende eher an den deutschen Torhüter anstatt an die Stürmerin von Juventus Turin. Über das Bild von wippenden Pferdeschwänzen und die vage Ahnung, dass die Gender-Pay-Gap auch vor kickenden Frauen keinen Halt macht, gehen die Assoziationen beim Thema Frauenfussball nur selten hinaus.
Warum eigentlich? Das haben sich die Macher:innen hinter der Initiative Her Game Culture gefragt. Und vor allem: Was lässt sich dagegen tun?
Eveline Schüep vom Verein Kulturvermittlung ist eine der Frauen, die nicht nur dem Frauenfussball zu mehr Sichtbarkeit verhelfen wollen, sondern der Sichtbarkeit von Frauen ganz allgemein – mittels kultureller Projekte. «Tatsächlich ist es so, dass sich emanzipatorische Themen sowohl in der Kultur und Kunst als auch im Sport – etwa im Fussball – auf besonders virulente Weise zeigen. Dabei wird deutlich, wie viele Gemeinsamkeiten es zwischen diesen Bereichen gibt.»
Mehr als 50 Kulturinstitutionen aus Stadt und Kanton sind dem Aufruf des Vereins gefolgt, den Frauenfussball mit Kreativworkshops, Flashmobs oder Stadtrundgängen aus dem Abseits zu holen. «Es war wie Popcorn. Da war die Idee, im Zuge der Frauen-EM ein Kulturprogramm auf die Beine zu stellen – und dann macht es wusch! Es ist auf einmal aufgebloppt und richtig gross geworden.»
Obwohl die mediale Aufmerksamkeit für die Europameisterschaft im Vergleich zu anderen Wettbewerben noch immer eher verhalten ist, lässt der Frauenfussball die Zürcher:innen – und insbesondere die Kulturinstitutionen – keineswegs kalt. Gerade auch weil er wie kaum eine andere Sportart Themen wie Gender und Feminismus, Gleichberechtigung und Integration auf den Platz bringt – und weit darüber hinaus. Das Ziel des Kulturprogramms ist klar: Es soll nicht bloss schmückendes Nice-to-have zum Geschehen im Stadion sein, sondern Impulsgeber zum Dialog zwischen Kulturinteressierten, Sportfans und allen, die sich irgendwo dazwischen bewegen.
Dass Frauen weder in der Sportberichterstattung noch in Kunst und Kultur die gleiche Präsenz wie Männer haben, weiss Eveline Schüep aus ihrer Arbeit als Vermittlerin nur zu gut: «Es ist wie ein Rattenschwanz. Was nicht sichtbar ist, wird nicht angeschaut, nicht als wichtig betrachtet». Ob die Initiative aus diesem Grund ein Augenpaar als Visual für die Kampagne gewählt hat? Gut möglich.
Deswegen: Alle Augen auf den Frauenfussball! – und auf die Freude am Miteinander. Denn eines sollte bei aller Ernsthaftigkeit nicht vergessen werden, so Eveline Schüep: «Es geht vor allem auch um den Spass!»
Das Kulturprogramm Her Game Culture läuft noch bis Anfang August.