erschienen auf ronorp.net
Das Rosi, das mog i
Skandal um Rosi? Von wegen! Obwohl nicht mal eine Woche nach Eröffnung des Resti-Neulings Rosi tatsächlich viel Konjunktur herrscht, zeigt sich das bayerisch inspirierte Wirtshaus am Lochergut von seiner besten Seite: und die ist blau-weiss, riecht nach einer Mischung aus Holz und frischer Farbe und schmeckt richtig lecker.
Auf dem Mittagsmenü steht Pichelsteiner, ein deftiger Eintopf aus Kartoffeln, Karotten und Sellerie, Meerrettich und Kerbel. Fleischliebhaber bekommen noch Zweierlei vom Rind obendrauf. Und wer besonders hungrig ist, darf zur Durchreiche gehen und Nachschlag holen − oder mit einem Stück Brot die letzten Saucenreste vom Teller aufsaugen. «Die Schweizer lieben Sauce», bemerkt Service-Chefin Elif Okran und lacht. «Ich hab Markus immer gesagt, dass er mehr Sauce auf die Teller machen soll. Und das macht er jetzt auch.»
Markus, das ist nicht nur Elifs bessere Hälfte, sondern auch der Mann, der versuchen will, die verwöhnten Zürcher Gaumen mit bayerischer Hausmannkost auf den Boden des guten Geschmacks zurückzuholen. Nach ausgefallener Haute Cusine in der Wild Bar und mexikanischem Street Food im Taco-Fenster an der Kanzleistrasse besinnt sich der gebürtige Allgäuer auf seine Wurzeln. «Ich wollte schon immer ein Wirtshaus aufmachen, das ist einfach eine Herzensangelegenheit» erklärt Markus Stöckle seine Motivation, während er gerade einen Berg von Hendln für das Abendmenü vorbereitet. «Ich vermisse die bayerische Küche einfach. Seit über 16 Jahren hab ich nicht mehr bayerisch gekocht, also professionell.»
Dabei hat Markus sein Handwerk bei keinem Geringeren als dem Grossmeister der Deutschen Küche, Sternekoch Alfons Schuhbeck, gelernt. Danach ging es über den Taubenkobel in Österreich zu Heston Blumenthals Fat Duck in London. Dass Markus Sterne-Luft geschnuppert hat und sich nicht allein auf die Klassiker aus Mamas Küche verlässt, merkt man. Da kommt der Randensalat mit Trüffeln und Baumnuss-Bröseln daher und die Bayerische Creme wird mit Veilchen-Essig und Marsala aufgepimpt. «Hardcore-Neo-Wirtshaus» nennt der Chefkoch diese Neuauflage von Altbekanntem.
Während es mittags unkompliziert und schnell gehen soll und daher immer nur ein Gericht auf der Speisekarte steht, würde selbst Märchenkönig Ludwig beim Blick auf die Abendkarte feuchte Augen bekommen. «Abends machen wir ‘Viva Bavaria‘. Bodenständige Küche mit 'nem Twist sozusagen.»
Überraschend und doch vertraut sind nicht nur Backhendl, Ferkel Haxn und Forelle. Auch was das Interieur betrifft, spielt das Rosi mit einer Mischung aus Altbewährtem und witzigen Details. Die holzvertäfelten Wände, einfachen Tische und wackligen Holzbänke sind weit entfernt vom hippen Chichi, mit dem andere Restaurants über Schwächen im Menü hinwegzutäuschen versuchen.
Und doch hängt nicht nur dank Speisekarte und Markus‘ Allgäuer Dialekt ein Hauch von Bayern 2.0 in der Luft: Rauten in weiss-blau zieren die Papierservietten, an den WC-Türen zeigen Brezn und Weisswurst wo’s lang geht und als «Resti-Wappen» dient die Euterblume − ein bayerisches Fantasieprodukt und Reverenz an den Namen des Restaurants: denn Rosi, das ist nicht nur der vielleicht typischste aller bayerischen Frauennamen, sondern auch die Lieblingskuh von Stöckles Bruder. Ein bisschen Klischee muss eben doch sein.
Und weil’s so schön ist und ich beim Namen Rosi zuallererst an einen Song aus den 1980ern denken musste, sag ich zum Schluss nur eins: Wie gut, dass es das Rosi gibt!